Ich liebe Wettkämpfe. Und ich hasse Wettkämpfe. Beides zugleich.
Dazwischen gibt es für mich nichts. Es ist immer extrem. Aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich: Noch mehr als lieben, hasse ich sie.
Und trotzdem – wir brauchen sie. Ich musste lange lernen, das zu akzeptieren. Nicht, weil es Spaß macht, sich ständig mit anderen zu messen. Sondern, weil Wettkampf ein Teil unserer menschlichen DNA ist. Ohne ihn gäbe es keine Entwicklung, keine Evolution, kein Weiterkommen.
Wettkampf als Realität
Wir können so tun, als ob es keine Wettkämpfe gibt. Aber das ist eine Illusion.
Ob in der Schule, im Beruf, im Sport oder im Leben: Überall gibt es das „schneller, besser, weiter, größer, schlauer“.
Das Frustrierende daran ist: Man verliert fast immer. Es gibt nur einen Sieger, und selbst der gewinnt nicht ständig. Selbst Olympiasieger scheitern in den allermeisten Wettkämpfen.
Ich selbst bin ein gutes Beispiel. Mit 63 bin ich in meiner Altersklasse ziemlich schnell. Aber gegen Jüngere habe ich keine Chance. Und selbst in meiner Altersklasse gibt es mindestens zehn Leute in Deutschland, die schneller sind. Auf den Deutschen Meisterschaften über 5000 Meter war ich Achter, über 10.000 Meter Zwölfter – beeindruckend, aber eben auch ein klares Zeichen: Es gibt viele, die noch besser sind.
Und genau das macht Wettkämpfe wertvoll. Sie zeigen dir deine Grenzen. Sie machen dir klar: Verlieren gehört dazu.
Verlieren lernen
Die wichtigste Lektion aus jedem Wettkampf ist nicht der Sieg – sondern der Umgang mit der Niederlage.
Sich trotzdem den Herausforderungen zu stellen, immer wieder, auch wenn man weiß, dass man wahrscheinlich verliert.
Das ist nicht nur Sport. Das ist Leben. Die Menschheit hat evolutionär fast immer verloren. 99 % aller Mutationen gingen in die Hose. Aber die paar Erfolge haben uns weitergebracht.
Wenn wir lernen, Niederlagen zu akzeptieren, uns davon nicht entmutigen zu lassen, sondern mit Humor und Selbstironie weiterzumachen – dann haben wir gewonnen.
Kinder, Schule und die Bundesjugendspiele
Deshalb bin ich fest überzeugt: Kinder brauchen Wettkämpfe.
Ja, es ist wichtig, dass sie nicht allein hineingeworfen werden. Sie müssen trainieren, vorbereitet sein. Und danach braucht es Eltern und Lehrer, die mit ihnen über Frust, Enttäuschung und die Gründe sprechen.
Aber Wettkämpfe ganz zu vermeiden – etwa indem man die Bundesjugendspiele abschafft – wäre ein Fehler. Denn das hieße, die Realität zu verleugnen.
Der große Zusammenhang
Denn es geht um mehr als Sport. Wenn wir verlernen, mit der Realität von Verlusten, Krisen und Niederlagen umzugehen, fliehen wir in Nischen.
Doch die Menschheit steht vor echten Problemen: Klimakatastrophen, Kriegen, gesellschaftlicher Unzufriedenheit. Und wir sind dafür verantwortlich – nicht irgendeine kosmische Strahlung.
